Mittwoch, 26. Juni 2013

Es gibt sie noch, die guten Dinge.

Ich mag David. Mit David kann man sich über Knochenleim unterhalten. Mit David kann man über die Preise von Kuh- und Känguruleder diskutieren. Und David versteht, warum ich es klasse finde, wenn man Bücher in Wasserbäder legt. 
David, der Held meines gestrigen Dienstages, arbeitet im Conservation Workshop der National Library. Ich persönlich hatte ja bis zum Betreten des Raumes auf Mumien und Organe in Keramikgefäßen gehofft, war mir aber der geringen Wahrscheinlichkeit dieser Möglichkeit bewusst und somit auch nicht so sehr enttäuscht als sich herausstellte, dass auch hier überraschenderweise mit Büchern gearbeitet wird.
Detailarbeit.
Der Conservation Workshop fertigt für Manuskripte und andere seltene Medien individuelle Hüllen und Boxen an, bereitet Bücher und Karten für Ausstellungen auf und kümmert sich um beschädigte Bücher. (Wie zum Beispiel um mehrere sehr alte Zeitungsbände aus denen jemand alle Artikel über Fußball fein säuberlich herausgetrennt hat. Merke: Auch in der Nationalbibliothek gibt es unschlaue Nutzer!)
All diese Aufgaben werden ohne nennenswerte technische Geräte absolviert. Stattdessen gilt, dass nur Handarbeit die hochwertigsten und schönsten Ergebnisse erzielt.

Nähen. Jenseits von Gut und Böse.
Es gab sehr viel zu sehen und zu lernen. Hier die wichtigsten Erkenntnisse in Kurzform:

  1. Känguruleder ist billiger als Kuhleder.
  2. Um Blattgold auf den Wattebausch zu bekommen, reibt man den Wattebausch kurz an der eigenen Stirn, damit er die natürlichen Öle der Haut aufnimmt und dann wiederum so das Blattgold daran haften bleibt bis man es auf den Buchrücken presst.
  3. Knochenleim ist nicht archivgerecht. (Und stinkt sowieso.)
  4. Wenn man den Stempel zum Prägen erhitzt hat, muss man ihn kurz auf ein mit Wasser getränktes Tuch legen (weil er zu heiß ist und abkühlen muss) und kurz bevor das Zischen ganz verklungen ist, kann man ihn zum Prägen verwenden, da er dann die richtige Temperatur hat. Aber erst wenn das Zischen fast verklungen ist. Nicht eher.
  5. Die Feuerprobealarme in der National Library arbeiten aktiv gegen meinen Wissenserwerb. (Aber wenigstens kommt man mal an die frische Luft.)

Erwartungsvolles Warten auf Gesichtsfette.
Sieht nur ein bisschen nach Folterkabinett aus.
PS.: David digitalisiert nebenbei auch Schallplatten und so ziemlich alle anderen Sachen, die es vor CD und MP3 gab, für die Bibliothek. Das hat er sich quasi selber beigebracht. Denn hier können ja sowieso alle alles.
Die Farbkombination der Kabel lässt mich an Pizza denken.
PPS.: Wenn jemand Interesse an dieser ganzen Wir-sind-in-einer-Bibliothek-und-tauchen-alte-Bücher-in-Wasser-und-Chemikalien-Geschichte hat, so kann ich dieser Person gerne eine ganz fantastische Power-Point-Präsentation schicken. Mit Bildern, die schockieren. Denn Papiersäurefrass geht uns alle etwas an!

8 Kommentare:

  1. Den Job würde ich ja sofort nehmen, ist ja spannender als ein Krimi :) Und Gesichtsfett ftw! Braucht man auch für die Mundstücke einer Oboe. Jap.

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    1. Und dabei hat mich Garnier immer glauben lassen, dass Gesichtsfett weg muss! Unverschämtheit!

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  2. Das "Glück" mit dem Feueralarm (oder der Probe) hatte ich noch nie. Dabei wird dauernd drüber geredet,

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    1. Supernervig. Und sehr laut. Und die ersten Sekunden sitzt jeder so da wie: Nein, das ist jetzt kein Feueralarm. Ich werde jetzt nicht aufstehen.:D

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